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Kochpraktikum Rostock: Samstag, 01.06.2024 // (Miss-)geglückter Strandtag

  • Autorenbild: Sven Götz
    Sven Götz
  • 3. Juni 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Manchmal stehe ich morgens auf und meine Sicht auf die Dinge, ja auf die ganze Welt ist klar. Ich sehe, was heute passieren wird und freue mich darauf. Und manchmal sieht's bei mir drinnen so aus, wie heute der Blick Richtung Rostock auf'm Weg zur Arbeit (Spoiler: egal wie der Tag startet, er kann wunderbar werden und sowas wie Nebel begegnet wir heute Abend in andere Form noch mal).


Es ist echt wenig los in der Kombüse. Zudem ist größten Teils schon alles für den Mittagstisch und den Abend vorproduziert, so dass Zeit für ein Tässchen Kaffee zwischendurch ist. Esther arbeitet nur ca. ein Mal pro Monat in der Kombüse und bereitet gerade Theke und Tische vor. Sie erzählt mir, dass sie in einem Jahr nebenher (in so einem Art Sonderprogramm für Menschen mit Vorkenntnissen in diesem Bereich) ihre Ausbildung als Köchin absolvierte. Der einzige Nachteil dabei war, dass ihr etwas die Praxis gefehlt hat. "Praxis hab' ich hier, aber mir fehlt im Gegenzug der theoretischen Anteil" entgegne ich. Josef kommt dazu und beide empfehlen mir das Standardwerk dieses Berufs "Der junge Koch/Die junge Köchin", 1.152 Seiten in 14 Kapitel gegliedert > Kommt am Donnerstag! Hoffe, damit kann ich meine privat organisierte Ausbildung zum Koch, um die vielen Themen von Ausstattung, Technik, Arbeitsweisen erweitern. In der neueren Auflage gibt es nun ein, wenn auch kleines, Kapitel "Vegetarisch/vegan" und eines der Rezepte, die "Nusscremebällchen" ist von Heiner und Josef aus der Kombüse.


Die wenigen Teller, die bis 14 Uhr raus gehen, machen dennoch einen ganz persönlichen Hunger:

  • Kokos-Erdnuss-Curry mit Frühlingszwiebelreis und Mango-Chili-Tofu

  • Grünkernbratlinge auf Erbsensauce mit gebackenem Fenchel und Röstzwiebeln



Also geht's heute etwas früher ins Wochenendeeee!! mit Essen am Hafen und einem mittlerweile liebgewonnenen Nickerchen - denn der Nebel ist verschwunden und stattdessen brutzelt vom völlig blauen Himmel der gelbe Planet:


Noch kurz für's Wochenende das Nötigste einkaufen und dann wird es nach zwei Wochen am Wasser mal Zeit für ein Bad. Anja, meine Vermieterin, hat mir neulich einen Platz auf der Gehlsdorfer Seite der Warnow gezeigt. Dazu muss man wissen, dass die Rostocker (und evtl. auch die ganzen Nordeutschen) Naturbader sind oder evtl. eh lieber mit Boot ins Wasser gehen - will sagen: Strandbäder sind hier dünn gesiedelt. Also nix schön angelegt, mit Rasen, der langsam in Sandstrand, der langsam ins Wasser übergeht. Am Besten noch ein Kiosk, eine Umkleide und (Süßwasser-)Duschen dazu - das wär' doch echt nicht zu viel verlangt - wäre es nicht, gibt's aber nicht! Trotz Anja's Tipps vertrödle ich vergebens 'ne Stunde mit der Suche nach einer geeigneten Einstiegs- und Liegestelle ans Wasser.


"Gut" sag' ich, dann halt nicht" und möchte die Thailänder beehren, die drüben in Rostock ihr Fest mit lauter Thaimusik (für westliche Ohren eher schwierig zu genießen) veranstalten. Bin ja grad genug Rad gefahren, also gönn' ich mir die 1,90 € und nehme die Fähre rüber. Mein Geld will jedoch niemand haben, weil das Akkuschiff gerade technische Probleme hat (ob die wohl zur Bahn gehören, Zwinker-Simley). Also doch wieder um den ganzen Tümpel mit dem Rad rum - passt schon, ist ja Wochenende und das Wetter großartig.


Es kann nicht anders sein, die Thailänder müssen die Erfinder der ฟริโตเซ่ (Fritöse) sein, anders lassen sich die omnipäsenten Schilder von traditionellem Essen und dem intensiven Fettgeruch an JEDEM Stand nicht erklären. Der Ernährungsberater sträubt sich ("Das übersteigt die zulässige Gesamtmenge an Transfetten für diesen Tag") der Praktikant im Wochenende ("Maul nicht rum, von 4 Frühlingsröllchen wirst schon nicht sterben") setzt sich schließlich durch und wir tun zusätzlich etwas für die Völkerverständigung, in dem wir uns auch gleich noch ein Rostocker Bierchen dazu gönnen.


Die Musik ist, wie gesagt, sehr traditionell und aus dem Shopping-Angebot der Stände brauch' ich grad auch nix, also kommt jetzt Badeaktion Nr. 2. Am Montag hab' ich beim IGA-Park den Sandstrand entdeckt und der soll nun das Ziel sein. Diese geniale Idee hatten auch schon Jugendliche mit guter Laune, Boom-Box und Einweggrill, junge Surfer als Kundschaft der ersten 6-Mast-Wakeboard-Anlage und natürlich Familien mit vielen lebhaften Kindern - kurz: es ist ganz schön was los und wenn dieses Fleckchen Erde es jemals war, hat es den Status "Geheimtipp" definitiv verloren. Deshalb breite ich erst mal mein Strandtuch aus und bring' mich in die Horizontale - passt, ist ja auch Urlaub hier, darf mich ja mal entspannen und nehm' mir mein Buch "The Culture Map: Decoding How People Think, Lead, and Get Things Done Across Cultures" zur Brust.



Das Buch mit eher anspruchsvollem Inhalt und in englischer Sprache ist eine ideale Lektüre zum Entspannen. Ich weiß nicht wann ich einschlief und wie lange es gedauert hat, aber den meisten am Strand wurde es mittlerweile zu spät und zu frisch und waren verschwunden. Mir geht es übrigens auch so: ich mach' einfach heute einen reinen Strandtag draus und lass' das Wasser weg.


Josef wohnt selbst in der KTV (Kröplinger Tor Vorstadt) und erzählte mir vom Altstadtfest heute Abend. Es ist 19:30 Uhr, das scheint noch zu passen. Also rauf auf's Rad und mitten rein in - naja, sagen wir mal, in etwas Unerwartetes. Wenn ich bei uns in der Gegend auf ein "Altstadtfest" gehe, dann habe ich vor meinem inneren Auge ein Fest, das auf einem Platz bzw. in verschiedenen (kleinen" Straßen stattfindet, bestimmt auch Musik, Essensstände und natürlich viele Leute. Kann man mal sehen, denn das stimmte so alles auch für's KTV Altstadtfest, ABER: es stieg in den Gassen/Straßen Nebel (oder Rauch?) auf, bin mir nicht ganz sicher in der Unterscheidung, ob es Techno oder Rave o.ä. war als Beschallung und ich war scheinbar zu spät dran, weil alle schon voll drauf waren - das war kein Altstadtfest, sondern ein krasses Kiezfest, was in Begleitung bestimmt gut funktioniert hätte, alleine fühle ich mich jedoch etwas lost. Das Dorfkind ist zu sehr überrascht und muss leider flüchten ("Gesicht mit spähendem Auge"-Smiley).


Zum Abschluss ein beruhigendes Bild:

Die Getreidespeicher der Stadt auf diesem Bild wurden ursprünglich genutzt, um landwirtschaftliche Produkte aus Mecklenburg zu lagern, die schließlich über den Hafen verschifft wurden. Der für Rostock so wichtige Seehandel nahm nach dem 2. Weltkrieg nur langsam wieder Fahrt auf. Mit der Eröffnung des Seehafens in Warnemünde verlor der Rostocker Stadthafen um 1960 schließlich an Bedeutung für den Handelsverkehr. Heute finden in den denkmalgeschützten Bauwerken Büros, Einzelhandel und Restaurants ihren Platz.

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