Kochpraktikum Rostock: Mittwoch, 05.06.2024 // Sauer auf den den Blumenkohl!
- Sven Götz
- 5. Juni 2024
- 3 Min. Lesezeit
Gestern Spätschicht, heute Frühschicht? Was ist da los? Naja, die ersten beiden Wochen habe ich mit Josef jeweils Spät- und Frühschicht gekocht. Nach dem Muster hätte ich aber nie Küchendienst mit Heiner, dem anderen Koch, gehabt. Deshalb geht's heute morgen wieder früh aus den Federn. Wir verwöhnen die Gäste mit Mairübchen-“Hack“-Auflauf mit Kartoffelpüree und Kräuterschmand - das extra dazu ist glasierter Sesam-Blumenkohl.

Heiner nimmt sich des Auflaufs an, ich darf eine Kiste voll Blumenkohl vorbereiten. Da fragt mich Heiner wie aus heiteren Himmel "Bist du sauer?", ich so "Ähm, warum? Ähm, nee!". Dann zeigt er mir, wie er mit einer einzigen Technik das Grün des Kohls entfernt und gleichzeitig noch in einzelne Rösschen aufteilt. Er hat, das rausgefunden, als er selbst einmal "nervlich angespannt" war und der damalige Blumenkohl in seiner Hand es ausbaden musste (deshalb die eher scherzhafte gemeinte Frage an mich). Jetzt müsste eigentlich der Hinweis kommen: Don't do this at home! Auch Heiner benutzt eine große Wanne dafür, weil sich ansonsten der Blumenkohl gleichmäßig in der ganzen Küche verteilt. Was er dann als Küchenhack demonstriert, ist gleichermaßen verstörend wie effektiv:

Er packt den Blumenkohl von oben mit einer Hand und knallt die Seite mit dem Strunk mit voller Wucht in die Wanne. Die grünen Blätter lösen sich alle und die Röschen teilen sich auf (nicht alle aber die meisten). Innerhalb von 10 Sekunden ist der Kohl in seine Bestandteile zerlegt. Ich bin beeindruckt und hab noch weitere 8 Köpfe für meine persönlichen Selbstversuche. Unterschied Koch zu Praktikant: einmal hab' ich's auch hinbekommen.
"Das schmeckt am Ende zu sehr nach Kohl", antwortet mir Heiner auf die Frage, ob das Grünzeug in die Brühe soll. "Das kannste in die Tonne geben". Ich finde das Verhältnis zwischen Innenleben und Blättern je nach Blumenkohlmodell eh schon grenzwertig schlecht (da schälst ihn und hast am Ende fast nix mehr in der Hand). Deshalb verwerte ich die Blätter bei mir zuhause entweder als Suppe oder als Bratlinge. Etwas ungläubig schaut Heiner während meinen Erklärungen drein: "Die Blätter kochen/dämpfen, mit genügend Wasser in den Mixer geben (höchste Stufe natürlich), nach Belieben würzen und mit Mehl/Haferflocken o.ä. abbinden". Ganz tief in mir drin: das wäre ja mein ganz großer Tag heute, wenn ich hier noch nachhaltige Küchenpraxisspuren hinterlasse ("Gesicht, das Tränen zurückhält"-Smiley). Heiner so: "Ok, dann mach das mal mit einem Kohlblattsatz". Ich hab' jedoch noch Vorbereitungen für den Mittagstisch und denke, das schiebe ich auf später, irgendwo zwischenrein. In der Zwischenzeit nimmt sich Heiner den Kohlblättern an und siehe da, allein das Mixgut schmeckt schon wie Suppe und abgebunden und angebraten, richtig lecker als Bratlinge. Tschakka jubelt das Ding tief in mir drin und freu' mich. Das könnte tatsächlich mal den Weg auf die Speisekarte finden (Später gehen übrigens die Blumenkohlrösschen als Extra zum Mittagstisch aus und die Bratlinge kommen schon heute zum Einsatz.)
Ansonsten ist's sehr spannend zu beobachten, wie diese beiden gestandenen Köche unterschiedlich mit Abläufen, (Selbst-)Organisation, Anweisungen an mich oder den Umgang mit Stress, wenn sich die Bons stapeln, umgehen - jeder auf seiner Weise, von jedem hab' ich da meine ganz persönlichen Lernerfahrungen mitgenommen - vielen Dank an euch! Beide sind erfolgreich und routiniert in dem was und wie sie die Dinge in der Küche tun. Deshalb gibt es zwar Rezepte, aber die sind in verschiedenen Notizbüchern und Ordnern in einer eher, sagen wir mal schwierigen Handschrift (@Heiner: is' halt echt so!) notiert - quasi ein verborgener, unzugänglicher Schatz der veganen Küchenpraxis. Sie hatten die Idee vor einigen Jahren schon einmal, aber das Vorhaben eines Kochbuchs dann doch wieder verworfen, wegen Aufwand, Verlagssuche, professionellen Fotografien und und - und, naja vermutlich auch im Alltag genug zu tun. Irgendwie schaukeln wir uns mit der Idee so hoch und Heiner kann sich vorstellen dieses Projekt nun doch anzugehen, u.U. auch mit meinem Input als Ernährungsberater (sorry, jetzt muss noch mal ein Siley sein: "Lächelndes Gesicht mit herzförmigen Augen"). Wir tauschen die Handynummern aus und werden sehen was draus wird.
Lief gut heute! Ich genieße auf dem Neuen Markt mein Mittagessen und gönne mir in der Fortsetzung der Stadtrundtour mit dem Audioguide noch ein Bananenschiffchen (weil's süß aussieht und genauso schmeckt). Unterwegs muss ich noch diese Außenwerbung des Fachwerk 7 fotografieren, weil die Barkeeper wohl extrem glücklich mit ihrem Job sind:
Und zu allem Glück, hab' ich heute außerdem noch etwas gelernt:
Mit dem Messer immer mit stumpfer Seite übers Schneidbrett fahren (z.B. um Schnittgut zusammenzuschieben), weil es sonst stumpf wird - und das braucht wirklich niemand!
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